The blue sentiment in Chopin... Stephan König - piano solo
Jazz-Improvisationen über Themen von Frédéric Chopin, Johannes Brahms und Olivier Messiaen. Premiere bei den 18. Internationalen Leipziger Chopin-Tagen (2008) "Für mich ist Improvisation eine gleichberechtigte Kunstform neben der Komposition. Der Vorteil der Improvisation gegenüber der Komposition ist, daß der Interpret viel direkter auf die jeweilige Situation des Konzertes eingehen kann - d.h. auf Raum, Instrument, Ausstrahlung der Zuhörer und insbesondere auch auf den eigenen emotionalen momentanen Zustand. Der Vorteil der Komposition ist, daß der Komponist so lange am Werk feilen kann, bis er glaubt, fertig zu sein. Das Risiko bei der Improvisation ist, daß es nur eine zeitliche Möglichkeit für den Ton gibt. Es gibt die freie Improvisation und die gebundene Improvisation; dieser Konzert-Abend ist gebunden an musikalische Themen und Ausdrucksformen von Frédéric Chopin, Johannes Brahms und Olivier Messiaen - d.h. in diesem Konzert werden beide Kunstformen - Improvisation und Komposition - verschmolzen." Stephan König
REZENSION v. 08.06.2010, Leipziger Volkszeitung/Muldental
Augustiner-Konzert Sternstunde mit ganz viel König Grimma. Das Wetter am Wochenende war wohl zu schön, so dass die angekündigte Podiumsdiskussion im Gymnasium St. Augustin leider wegen zu geringer Beteiligung ausfallen musste. Mehr als entschädigt wurden der Augustiner-Verein und die Freunde der Bildungseinrichtung aber durch die Resonanz beim danach geplanten zweiten Augustiner-Konzert des Jahres 2010. Dabei blieb kein Stuhl im Kleinen Festsaal unbesetzt. Wieder hatte der Augustiner-Verein den Leipziger Pianisten Stephan König eingeladen. Der Künstler ist in Klassik wie Jazz gleichermaßen beheimatet und gerade wieder mit sehr vielseitigen Programmen solistisch wie im Ensemble im Muldental unterwegs. Was er zu diesem Konzert leistete, ließ beinahe die Gemäuer des 460-jährigen Moldanums erbeben: Jazz-Imrovisationen zu Themen von Chopin, Brahms und Olivier Messiaen. König sieht Improvisieren gleichberechtigt neben Komponieren, im Unterschied entstehen Improvisationen aber just im Moment, nichts bleibt von ihnen konserviert, jede ist ein Unikat. Frédéric Chopin, dessen 200. Geburtstages in diesem Jahr gedacht wird und der auch an diesem Abend im Zentrum stand, hat seine Stücke selbst an die hundertmal gespielt, bevor er eine Fassung in Noten fasste. Bereits beim ersten Programmstück, Ballade Nr. 1 g-Moll op. 23, entwickelte Stephan König eine derartige Leidenschaft, dass eine Besucherin von einer "Sternstunde" sprach. Aber immer wieder führte er die Zuhörer zum perlenden Thema zurück. Nach der ersten halben Stunde hatte sich der Künstler jedoch noch keineswegs verausgabt! Das Publikum folgte sehr gespannt, ließ sich vom Donner und ungewohnten Schlagtönen am Schimmel-Flügel mitreißen, freute sich über Swingeinlagen, nickte verstehend bei Deep Purple, dachte vielleicht an Keith Jarret und lachte bei den Kuckucksrufen in Messiaens Prélude pur piano. Es war überreich, was Stephan König dem Publikum an diesem Abend geben konnte. Nachdem der tosende Applaus mit Bravo-Rufen drei Zugaben forderte, war der Pianist anscheinend noch nicht verbraucht, das Publikum aber hatte seine Aufnahmefähigkeit für so viel König wohl erschöpft. Auch die Zugaben waren brillant und kontrastreich, Gershwins zärtlich interpretierte "Summertime" brachte den Atem zurück, und nochmals Chopin entließ fulminant in die Sommernacht. Beate Bahnert |