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Und dann gehe ich, WEILL ...
Lieder kurz nach dem Ertrinken mit Ines Krautwurst (voc) und Stephan König (p)

Eine Auswahl aus den Stücken
Dreigroschenoper, Happy End, Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, Das Berliner Requiem, Die sieben Todsünden der Kleinbürger, Der Silbersee, Die Rundköpfe und die Spitzköpfe

Ines Krautwurst (voc), Stephan König (p), Gregor Nowak (vc), Stefan Stopora (perc)
Szenische Einrichtung: Falk Elstermann

Foto WEILL

REZENSION v. 14.12.96, Leipziger Volkszeitung
 Ver-Weil(l)e doch, Du bist so schön!
Starker Lieder- Abend mit Krautwurst
So bizarr der Untertitel, so ungewöhnlich das Konzert: "Lieder kurz nach dem Ertrinken" offeriert Ines Krautwurst, doch das Wasser steht ihr keineswegs bis zum Hals; schon allein wegen dieser wunderbaren Stimme nicht. "Und dann gehe ich, Weill ..." verweist auf den Komponisten mit Vornamen Kurt; aber der mit ihm verbundene Klang, so zwischen Tingeltangel und Jazz, tönt nicht von der naTo- Bühne.
Pianist Stephan König hat sich mit Cello (Gregor Nowak) und Percussion (Stefan Stopora) eine einnehmend verfremdende Spielart ausgesucht. Sie breiten den Klangteppich aus, auf dem die schöne Ines stolziert mit klassischen Huren-Balladen Brechts und unbekannteren.
"Meine Schwester ist schön, ich bin praktisch......" aber beide müssen durch die sieben Todsünden der Kleinbürger hindurch, bis sie in das kleine Haus nein, nicht am Wald, sondern diesmal am Mississippi - ziehen können. Da muß zuvor der Mantel abgelegt, der Hintern geschwenkt, die Hüfte durchgestartet werden. Solche Erfahrungen verschaffen wohl Enttäuschungen: "Du hast mir das Blaue vom Himmel versprochen." Und das Cello seufzt.
Dann die Erinnerung an Surabaya-Johnny. Bei der ersten Strophe das Bein kokett an die kleine Kommode gesetzt, springt Krautwurst bei der zweiten Strophe auf die Kiste, bei der dritten liegt sie auf den Knien und säuselt: , Und ich liebe dich so ..." Vielleicht klang Surabaya-Johnny noch nie so sanft eingetaucht, so desillusioniert.
Das ist die Stärke der Arrangements, die nichts ins Schmissige wegspülen. Ines Krautwurst vermittelt elende Erfahrungen, ohne ins Sentimentale abzudriften. Erbitterte Sätze, die zur forschesten Selbst- "Ermannung" führen, gelingen ihr beklemmend: Gottseidank geht alles schnell vorüber. Nun steht sie da mit ihrer Lichterkette, die fast wie Las Vegas funkelt.
Noch ein Vorzug des Abends: mit sparsamen Mitteln - Tüchern, Bällen, Spiegel, Schirm - entsteht die adäquate Atmosphäre (szenische Einrichtung von Falk Elstermann): kurz nach dem Ertrinken eben.
Norbert Marohn